Bedeutende Klosterneuburger

Otto Riedel sen.
Erster evangelischer Pfarrer in Klosterneuburg
Riedel Portrait
Otto Riedel wurde am 4. Mai 1878 in Horn, Niederösterreich geboren. Sein Vater, Karl Riedel war Gymnasialprofessor, Redakteur und Schriftsteller. Nach dem Besuch der Gymnasien in Waidhofen an der Thaya, Olomouc (Olmütz) und Brno (Brünn) studierte er von 1897 bis 1901 "Evangelische Theologie" in Wien. Als Erzieher des Grafen Haugwitz bereiste er 1 1/2 Jahre lang einen großen Teil Deutschlands. Beide theologischen Examina bestand er mit Auszeichnung, war Vikar der evangelischen Gemeinde in Radkersburg, bevor er 1904 als Vikar nach Klosterneuburg berufen wurde. Diese Berufung erfolgte über die Pfarre Wien-Währing, der die Tochtergemeinde in Klosterneuburg angehörte.

Auch als Schriftsteller war Otto Riedel tätig. Sowohl anonym als auch unter Pseudonym verfasste er Gedichte, Humoresken, Andachten, Abhandlungen, Leitartikel, ein Festspiel mit Namen "Der kleine Reformator" und "Wie der Kirchentoni Duldsamkeit lernte".

Mit seiner Frau Christine kam der damals 24-jährige Otto Riedel als "vorläufige Vertretung" nach Klosterneuburg. Zusammen mit seiner Frau verfassten sie ein Gesuch an den k.k. evangelischen Oberkirchenrat, um die Genehmigung zur Grüdung einer eigenen Filialgemeinde zu erhalten. Diesem Ansuchen wurde am 19. September 1903 stattgegeben.

Kirche Entwurf: Kramer

Unter der Leitung von Vikar Otto Riedel, Kurator Otto Koenig (dem Großvater des bekannten österreichischen Verhaltensforschers) sowie Josef Beck, dem Pfarrer von Währing  wurde gleich mit der Planung einer Kirche und eines Pfarrhauses auf dem unbebauten Grundstück in der Rumplerstraße 14 (damals Weinberggasse 12) begonnen. Der Entwurf einer Kirche im historischen Stil des Architekten Anton Plieschke aus dem Jahr 1903 wurde jedoch nicht realisiert (Veranschlagung: 60.000 Kronen !). Auch die Baukosten nach dem 1906 erstellten Entwurf einer Kirche mit Pfarrhaus im Jugendstil von Eduard Kramer überstiegen bei weitem das finanzielle Potential der evangelischen Gemeinde. In einer Sitzung am 3. Dezember 1906 wurde daher beschlossen, vorerst nur ein Pfarrhaus zu bauen mit Kanzlei, Küsterwohnung und Wohnung für das Pfarrerehepaar und einem zum Betsaal umgewidmeten Gemeindesaal. Mit 13. September 1907 wurde die bis dahin evangelische Tochtergemeinde der Pfarre Wien-Währing durch einen Erlass des k.k. evangelischen Oberkirchenrates zur selbstständigen Pfarrgemeinde erhoben und wenig später, am 19. September, wurde mit dem Bau des geplanten Pfarrhauses begonnen. Die feierliche Grundsteinlegung erfolgte am 6. Oktober 1907. Vikar Otto Riedel wurde zum Pfarrer gewählt. Die feierliche Amtseinführung fand am 16. Januar 1908 im Saal des bekannten Stadtlokales "Zum Herzogshut" auf dem Rathausplatz statt.

Pfarrhaus um 1918

Danach begaben sich "die Evangelischen" geschlossen zum neuen Pfarrhaus in der Weinberggasse 12 (Rumplerstraße 14), wo Superintendent Karl Lichtenstettiner die im Pfarrhaus befindliche Kapelle eröffnete. Am Nachmittag gab es dann ein Gartenfest mit Liedern und Vorträgen, sowie einem Einakter von Nestroy am Abend. Durch die großzügige Spende eines in die USA ausgewanderten Gemeindemitgliedes konnte ein Glockentürmchen auf dem Dach des Pfarrhauses aufgesetzt werden, dessen Glocke am 1. Oktober 1911 dann zum ersten Mal läutete.

Pfarrer Riedel betreute damals außer  seiner Gemeinde in Klosterneuburg auch noch die Schulen in Tulln, St. Andrä-Wördern, Langenlebarn und Hadersfeld mit evangelischem Religionsunterricht . Im Juli 1912 bekam das Ehepaar Riedel zu den Kindern Otto, Karl und Lieselotte noch die Tochter Gudrun.

In der Zwischenkriegszeit engagierte sich Pfarrer Riedel in vielen Bereichen. So organisierte er Tanzkurse für die Jugend im "Deutschen Heim" neben dem Gymnasium, Kriegsfürsorgeveranstaltungen mit Vorträgen, kaufte vom Warenhaus Josef Handel in St. Andrä-Wördern 27 Paar Kinderschuhe aus Leder, die dann bei einer Weihnachtsfeier an bedürftige Kinder verteilt wurden, veranstaltete eine "Ferienfahrt nach Salzerbad" und vieles mehr. 

Am 5.Januar 1928 feierte er mit seiner Frau Christine das Fest der Silbernen Hochzeit, zu dem zahlreiche Ehrengäste aus den Filialkirchen, Schulen, Vereinen und der Stadtgemeinde erschienen. Die Kinder Otto, Karl und Liselotte hatten beide eine künstlerische Ausbildung, weshalb sie auch 1933 die malerische Gestaltung des Betsaales übernahmen. Lieselotte stellte das Fresko von der Bergpredigt her. Eine der Figuren mit weissem Haar und Bart ist dem ersten Kurator der Gemeinde, Otto Koenig nachempfunden. Mit diesem Werk trat Lieselotte zum ersten Mal an die Öffentlichkeit. 1956 ereilte Pfarrer Riedel  ein schwerer Schicksalschlag. Am 16.März verstarb seine Frau Christine nach längerer Krankheit.

Nach Kriegsende wurde Pfarrer Riedel vom 13. Juni bis 23. Juli 1945 inhaftiert, weil er sich im Jahr 1938 um Aufnahme in die NSDAP beworben hatte. Riedel war zu diesem Zeitpunkt bereits 67 Jahre alt und reichte daher nach seiner Entlassung im August 1945 um Versetzung in den Ruhestand ein. Diesem Ansuchen wurde vom Oberkirchenrat am 8. August stattgegeben. Als Nachfolger wurde Dr. Josef Wölfel aus Wien gewählt. Altpfarrer Otto Riedel verstarb am 9. April 1965 nach langer Krankheit im 87. Lebensjahr. Er wurde auf den Friedhof "Obere Stadt" an der Seite seiner ersten Frau Christine beigesetzt.

Pfarrhauseinweihung
Pfarrhauseinweihung 1908
50 Jahre Pfarre Klosterneuburg
Feier: 50 Jahre Pfarre Klosterneuburg 1957
Kirche 1995
Evangelische Kirche Fertigstellung: 1995