Napoleon und die Ereignisse des Jahres 1809 im Stift Klosterneuburg
Geschichtsdarstellung von Frau Mag. Dr. Christine Zippel zu einer
Lesung von Univ. Prof. DDr. Floridus Röhrig can. reg.
Hinweis:
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KKG-Information Seite 1
KKG-Information Seite 2
Vorbemerkung:
Am 20. Juni 2009 las der allseits bekannte Chorherr und
Kunsthistoriker Herr Univ. Prof. DDr. Floridus Röhrig
im Augustinussaal des Stiftes Klosterneuburg vor zahlreichem
interessierten Publikum für die Klosterneuburger
Kultur-Gesellschaft aus den Tagebuch-Aufzeichnungen von
Dechant Augustin Hermann über die Ereignisse im
Zusammenhang mit der Besetzung der Stadt und des Stiftes
Klosterneuburg durch die Armee Napoleons im Jahre 1809.
Die Abbildungen rechts und links dieses Textes zeigen die
Seiten 1 und 2 der Einladung zur Soirée mit dem Programm
des Abends. Der nachstehende Text gibt die historischen
Ausführungen von Frau Mag. Dr. Zippel zur entsprechenden
Epoche wieder.
Historischer Abriss
Vor ca.200 Jahren veränderten die französische Revolution und der
kometenhafte Aufstieg Napoleons, der mit seinem unbedingten
Siegeswillen die Grenzen der Länder Europas auslöschte, das
bestehende Machtgefüge. Nachdem er sich 1804 im Beisein des Papstes
selbst zum Kaiser der Franzosen gekrönt hatte, trat er 1805 gegen
die Koalition von Großbritannien, Österreich und Russland an und
besiegte sie in der Dreikaiserschlacht bei AusterIitz. Die
französischen Truppen besetzten Österreich, vor allem Wien,
Klosterneuburg und Tulln. In Klosterneuburg hielten sich die
Franzosen vom 11. November 1805 bis 11. Jänner 1806 auf und
richteten im Stift ein Spital für 500 Mann ein, zeitweise mussten
bis zu 800 Mann durch Requisitionen aus der Bevölkerung versorgt
werden. Der Kommandant, Oberstleutnant Dessales, bezog ebenfalls im
Stift seine Unterkunft. In Kierling, Kritzendorf, HöfIein quartierten
sich die französischen Besatzer ein und forderten die Verköstigung
von der armen Bevölkerung. In Gugging litt die Bevölkerung besonders
unter einem französischen Rittmeister und seiner Mannschaft, die
willkürlich forderten und zerstörten, wenn die Wünsche nicht erfüllt
wurden. Sogar der Kommandant Dessales bemühte sich um eine Beruhigung
der Situation, allerdings vergeblich. Er riet dem Stiftsdechanten
Augustin Herrmann, der immer um Vermittlung bemüht war, eine
schriftliche Beschwerde an den Kommandanten der Ehrenlegion und
Generalintendanten des Kaiserhauses und von Österreich, Daru, zu
richten, doch dieser reagierte mit dem Selbstbewusstsein der
Besatzungsmacht. Napoleon besuchte zu dieser Zeit unangemeldet und
überraschend das Stift, besah sich die Räume, besonders die
Kaiserzimmer und fuhr weiter nach Tulln.
Napoleon stand 1807 am Gipfel seiner Macht, er zwang den spanischen
König zur Abdankung und setzte seinen Bruder auf den Thron. Dies
löste den Widerstand gegen die Fremdherrschaft der Franzosen aus,
wodurch Napoleon gezwungen war, einen Teil der französischen Armee
in Spanien zur Beruhigung zu belassen. Durch den spanischen Aufstand
ermutigt, erklärte Österreich am. 9. April 1809 Frankreich den Krieg,
denn in der Zwischenzeit hatte Graf Stadion das Heer reorganisiert.
Napoleons Heer und die Soldaten des verbündeten Rheinbundes gewannen
die ersten Kämpfe gegen Erzherzog Karl und sie zogen Anfang Mai 1809
wieder in Wien und Umgebung ein. In der Schlacht bei Aspern gewann
Erzherzog Karl, 14 Tage später wurde er jedoch bei Wagram
entscheidend geschlagen. Während der anschließenden
Friedensverhandlungen, die im Oktober mit dem Ergebnis abgeschlossen
waren, dass Österreich auf einen Teil seiner Länder verzichten musste,
lebte Napoleon in Schönbrunn. 1810 wurde Andres Hofer erschossen, der
die Tiroler Freiheitskämpfer anführte, Tirol kam unter bayerische
Herrschaft. In diesem Jahr heiratete Napoleon die österreichische
Kaisertochter Marie Louise, die ihm Napoleon II., den Herzog von
Reichstadt und König von Rom gebar.
Tausende französische Soldaten kamen wieder nach Klosterneuburg,
beanspruchten vor Ort und in den umliegenden Ortschaften ihre
Versorgung und Unterbringung. Wie vier Jahre zuvor musste im Stift
ein Lazarett eingerichtet werden. Die wichtigste Einnahmequelle des
Stifts, der Weinkeller, wurde von den Besatzern beschlagnahmt,
weiters verlangten sie 60.000 Gulden um Brandschatzungen und
Plünderungen zu unterlassen. Um die anfallenden Kosten decken zu
können, musste das Stift mehrere Kredite aufnehmen. Nach dem Abzug
der Franzosen am 14. Oktober 1809 und der Rückgabe des Weinkellers,
verfiel nicht nur der Wert des Geldes, es begannen auch die
Aufräumungsarbeiten, die mehr als ein halbes Jahr beanspruchten. Die
Besatzungszeit verursachte einen Schaden von über 10 Millionen
Gulden im Stift, in der Stadt und den Ortschaften Kierling, Gugging,
Kritzendorf und Höflein.
Dr. Christine Zippel
Quellen:
Hintergrundbild: Wikipedia, die freie Enzyklopädie
Dr. Berthold Černik, Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg 2, 1909
Informationsblatt - Klosterneuburger Kultur-Gesellschaft, Juni 2009
Historischer Text: Mag. Dr. Christine Zippel
Gestaltung: Dipl.-Ing. Heinz Köfinger