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Das Morgenrot eines neuen Tages zog über Klosterneuburg herauf und unser Bürgermeister schickte sich gegen halb 7 Uhr früh an, sein Heim zu verlassen, um in sein Amt zu fahren. In diesem Augenblick wurde er von einem Unwohlsein befallen, stürzte zusammen und war innerhalb einiger Sekunden tot. Kurz bevor er seine Seele aushauchte, hob er die Hand wie zum Schwur. Kurz darauf durcheilte wie ein Lauffeuer unsere Stadt die furchtbare Nachricht, daß unser Bürgermeister nicht mehr lebt. Die Trauerfahnen, die sofort auf den öffentlichen Gebäuden gehißt wurden, zeigten an, daß die furchtbare Kunde zur Gewißheit geworden ist.

Acht Tage vorher, wir schrieben den 9. Jänner 1936, an diesem Tag erreichte unsere Stadt die Freudenbotschaft, daß der Bundespräsident unserem Bürgermeister das Ritterkreuz des Verdienstordens verliehen hat und genau acht Tage später hat Gott seinen treuen Diener zu sich abberufen, um ihm das zu lohnen, was wir nie imstande gewesen wären. Der Schmerz und die Trauer, die alle erfüllt, die Dr. Eselböck gekannt haben, ist unfaßbar und das Mitleid, das sich seiner so hart betroffenen Familie zuwendet, ist allgemein. Die Stadt steht wie unter einem Alpdruck ob dieses fürchterlichen Geschehnisses, haben wir ja doch geglaubt und gehofft, Dr. Eselböck bis in die fernste Zukunft zu behalten.

Am 25. 5. 1888 in Andrichsfurth bei Ried im Innkreis O-Ö. geboren, besuchte er die Volksschule und das Gymnasium und widmete sich den juristischen Studien an der Wiener Universität, wo er am 29.11.1913 zum Dr. juris promoviert wurde. Er diente sogar beim Notariate, bis er am 16.02.1915 zur Kriegsdienstleistung einberufen wurde und ist bis zum Umsturze an der Tiroler Front im Felde gestanden. Kurz vor seinem Einrücken zum Militär heiratete er seine Gattin Maria, die ihm immer eine treue, besorgte Gefährtin und eine liebevolle Mutter seiner beiden Kinder war. Während des Krieges rückte er bis zum Oberleutnant vor und erwarb sich die kleine silberne Tapferkeitsmedaille, das Karl Truppenkreuz, das bronzene und das silberne Signum laudis und das Militärverdienstkreuz III. mit den Schwertern. Nach seiner Heimkehr von der Front trat er wieder beim Notariat ein, und zwar in Wiener-Neustadt. Im Jahre 1921 trat er in den Dienst der n-ö. Landeshauptmannschaft. Im öffentlichen Leben Klosterneuburgs trat er zum ersten Male anläßlich der Gemeinderatswahlen im Jahre 1929 auf den Plan. Der Beginn seiner öffentlichen Tätigkeit in Klosterneuburg fällt in die schwierigste, aber auch traurigste Zeit im politischen Leben im Nachkriegsösterreich. Für jene, deren ganzes Sinnen und Trachten dem Wohle dieses Landes galt - Dr. Eselböck war seit seiner frühesten Jugend treuer und begeisterter Österreicher und zählte zu jenen Menschen in Österreich - war es ein eitles Bemühen, sich mit den Geschehnissen dieser Zeitepoche abzufinden. Man dachte, man arbeitete, man kämpfte, aber die Parteimaschinerie zermalmte aus purem Egoismus, was in schwerster Arbeit, was im dickesten Kampfe errungen worden war. Die Gemeinde der Stadt Klosterneuburg spiegelte das Gesamtbild dieser furchtbaren Zeit in erschreckender Weise wieder. Die Art und Weise wie die Wahlen für den Gemeinderat im Jahre 1929 durchgeführt wurden, zeigte mit aller Deutlichkeit, daß die Tage des Parteienstaates in Österreich gezählt sein mußten, wenn nicht Österreich aus den Fugen gehen sollte. Unter den Männern, die dann in den Gemeinderat einzogen. war auch Dr. Eselböck. Er war ein neuer Mann, er genoss als Beamter den allerbesten Ruf. Es war also erklärlich, daß sich ihm das Vertrauen weiter Bevölkerungsschichten zuwendete. Dieses Vertrauen hat Dr. Eselböck wirklich vollauf gerechtfertigt. Er wußte, wo die Wunde lag und er wäre nicht Dr. Eselböck gewesen, hätte er sich nicht voll in die Bresche gestellt. Er übernahm das verantwortungsvollste Referat, das Finanzreferat, und gab so im Gemeinderat direkt den Kugelfang ab. Er war kein Posseur, er wollte nicht als großer Redner brillieren, er wollte Arbeiter sein und als solcher arbeitete er im Dienste der Allgemeinheit bis zu seinem jähen Ende und gab sein Bestes, opferte Familie, Gesundheit und schließlich sein Leben. Die verschiedenen Körperschaften in Österreich waren damals geschüttelt von den furchtbarsten Parteileidenschaften und auch der Klosterneuburger Gemeinderat bildete da keine Ausnahme. In seinem Rahmen prallten die Gegensätze hart aufeinander und inmitten dieser Leidenschaften und Wirrnisse stand Dr. Eselböck wie ein Fels, als Arbeiter und als treuer Eckhart für die Interessen der Stadt. In dieser Zeit der furchtbarsten Verwirrung erstand Österreich sein Retter in der Person des Märtyrerkanzlers Dr. Dollfuß. Dieser barg sein Haupt auf den Boden, der unsere Väter genährt hatte, er presste sein Herz an das Land, das unsere Vorfahren in heissestem Ringen und in harter Arbeit gestaltet und daß uns durch ihre Kämpfe, durch ihre Arbeit Heimat geworden ist. Ihm gab dieses Land inmitten aller Unbill Trost, ihm gab dieses Land Mut im Kampfe gegen jene. die an seinen Grundfesten rüttelten und die es verderben wollten. In der Erde dieses Landes, dem er entstammte, fand er seine letzte Ruhestätte und aus dem mit seinem Märtyrerblut gedüngten Boden dieses Landes stieg die Kraft auf, zur Gesundung der Heimat.

Diesem Dr. Dollfuß war Dr. Eselböck von Anbeginn an unwandelbar treu ergeben. Diesem Dr. Dollfuß eiferte er nach in seiner Arbeit, in seinen Aufgaben, im Dienste für die Allgemeinheit. Über ein Jahr war Dr. Eselböck Gemeindeverwalter und trug als solcher die schwere und alleinige Verantwortung für das Schicksal unsrer Stadt, und als der neue Gemeinderat konstituiert wurde, da gab es in Klosterneuburg nur einen Bürgermeister und dieser konnte nur Dr. Eselböck sein. Und Dr. Eselböck als Bürgermeister? Da hatte sich auch wohl nur der Titel geändert, er selbst ist der einfache und schlichte Mensch geblieben der er immer war, zu dem jeder Zutritt hatte, der immer und überall für jeden zu sprechen war und dessen Hilfsbereitschaft bis zur Selbstaufopferung ging. Unter seinem Regime ist die Stadt Klosterneuburg ein gutes Stück aufwärts gekpmmen. Die Wunde begann zu vernarben und die langsame Genesung setzte ein. Wir hoben langsam die Häupter, wir sahen das Morgenrot im Osten, wir spürten den frischen Morgenwind im Neuen Österreich und was bereits als verloren gegolten, lebte wieder auf. Hierin drückt sich das Werk und das Blutopfer des Märtyrerkanzlers aus, das sind die Auswirkungen der Arbeitsbienen in Österreich, zu denen Dr. Eselböck in ganz besonderer Weise zählte. Die Zeit schreitet weiter und wenn auch die Wunde im Herzen, die uns der Tod unseres Bürgermeisters geschlagen hat, wie Feuer brennt, wir dürfen nicht rasten, wir müssen weiter arbeiten, denn so will es auch er, damit wir zu dem Ziele gelangen, das dem Bauherrn des Neuen Österreichs Dr. Dollfuß vorgeschwebt ist, das den Kanzler beseelte und begeisterte, das ihn schließlich das uns unfaßbare Opfer bringen ließ. Unser Bürgermeister war dem großen Kanzler ähnlich, der niemand zu nahe treten wollte, der jedem, die Hand reichte, dessen Herz weltoffen war, für den es nur ein Gesetz gab, für das er hoffte, für das er lebte, für das er einen qualvollen Tod starb, die Liebe zu Österreich und zu einer Bevölkerung.

Dr. Eselböck ahmte dieses Beispiel nach, ja man kann sagen, er lebte Dr. Dollfuß nach in der Arbeit, in der Aufopferung für die Erlangung dieses Zieles. Nun liegt er kalt und starr auf der Bahre, wir können ihm nicht mehr in seine gütigen Augen blicken und wenn wir ihm auch die kalte Hand dücken wollten und ihm Dank sagen wollten, so spüren wir keinen Gegendruck mehr. Die Heimaterde, die er so geliebt hat, für deren Bestand er so viel gekämpft und gerungen hat, sie wird sein Sterbliches aufnehmen und er wird ein Samenkorn sein, welches Früchte, reiche Früchte für die Heimat trägt. Wenn er auch droben dann am Friedhof bei den vielen stillen Schläfern liegen wird, die ihm vorangegangen sind, so werden wir ihn nicht vergessen. Er war treu bis ans Ende und wir wollen ihm treu bleiben, bis wir dorthin gelangen, wohin er uns vorausgegangen ist.

Die Hand Gottes hat uns hart getroffen, wir können die Größe des Unglückes, das durch seinen Tod über uns hereingebrochen ist, noch nicht abmessen, wir wollen aber nicht fragen, wir wollen kein großes Warum und großes Weshalb! Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen! Der Herr schenke ihm den ewigen Lohn für all' das, was er an Beispiel, an Arbeit und Aufopferung in diesem seinen Leben geleistet hat und wenn sich die Herzen derer, die ihn gekannt und geliebt haben, seiner hart getroffenen Familie zuwenden, so geschieht dies mit dem Gebet: Herr, gib du ihnen den Trost, den Menschen nie geben können!

Dr. G.W.